Und es macht bUm!

Der Raum für die engagierte Zivilgesellschaft in Berlin Kreuzberg hat sein großes Tor eröffnet und bietet Sozialunternehmern, Aktivisten, ehrenamtlich Engagierten und allen anderen, die sich für sozialen und ökologischen Fortschritt (oder die Rettung der Welt vor dem Kollaps) einsetzen, Raum für Co-Working, Konferenzen, Workshops, Kollaboration und Regeneration.

joana breidenbach
5 min readOct 4, 2019

Nach mehrjähriger Umbauzeit, lokalen Widerstand gegen den Google Campus, gefolgt von der Übergabe an betterplace und Karuna, konnten wir am 1. Oktober die große Eröffnung des bUm — Raum für die Engagierte Zivilgesellschaft feiern. bUm — das steht für den Herzschlag der Stadt und Gesellschaft.

Hunderte Gäste aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft wurden im Foyer von der imposanten “Kulturgrabung” des Konzeptkünstlers Erik Sturm begrüßt. Erik und die Jugendlichen der Initiative Momo — the voice of disconnected Youth, hatten dafür Plakate der ältesten Litfaß-Säulen Berlins Schicht für Schicht abgetragen und im Umspannwerk aufgehängt.

Die Ruhe vor dem Sturm — Das Foyer des bUm — mit der Ausstellung von Erik Sturm

Die Eröffnungsfeier startete mit dem bUm Team. Auf der Bühne des wunderschönen Auditoriums, der ehemaligen Generatorenhalle, die ab jetzt für wenig Geld zur Vermietung bereit steht, präsentierten Eva, Florinn, Natascha und Marcel das Haus. Ab 7. Oktober stehen dort 80 Co-Working-Plätze zur Verfügung (buchbar als Tages-, Wochen-, Monats- und (wenige) Jahrespässe), ebenso wie hervorragend ausgestattete Besprechungsräume, Flächen für Workshops und andere Veranstaltungen. Erste Mieter sind schon eingezogen, darunter die Aktionskünstlerinnen Cesy Leonard und Katharina Haverich, die als „Die Radikalen Töchter“ spannende kreativ-politische Bildungsarbei leisten, die Al-Farabi Musikakademie, die Purpose Stiftung und die Autismus Lernplattform Auio.

Das bUm-Team. Photo CC by betterplace lab

Lasst uns ungewöhnliche Kollaborationen fördern!

Im Anschluss sprachen Carolin (Außenministerin betterplace) und Jörg (Gründer Karuna) über ihre Pläne fürs Haus. Beide betonten wie viele Chancen der große neue Raum für zivilgesellschaftliches Engagement bietet und wie sehr er zu Co-Kreation und Kollaboration unterschiedlichster Akteure einläd. Denn über die bestehenden Programme beider Organisationen (check betterplace lab für ein breites Themenspektrum um digital-soziale Innovationen, sowie Karuna und Karuna Sozialgenossenschaft) werden wir uns insbesondere um neue Partnerschaften und Kollaborationen zwischen Aktivisten und Initiativen bemühen, die sonst nicht miteinander ins Gespräch und in die Aktion kommen. Ein Präzedenzfall für solche organisationsübergreifende Zusammenarbeit ist das bUm selbst: Aus dem Konflikt heraus ist für Kreuzberg etwas Einzigartiges entstanden — und dies war nur möglich, weil sich betterplace und Karuna mit Google und der Nachbarschaft an einen Tisch gesetzt haben.

Inhaltliche Schwerpunkte liegen darin, Entwicklung (in der Stadt, dem Land, der Welt) so zu gestalten, dass sie inklusive, gerecht und nachhaltig ist. Dazu gehört auch eine Technologiewirtschaft, die den Menschen und sein Wohlergehen in den Mittelpunkt stellt. Dabei sind wir bemüht der zeitgenössischen Komplexität gerecht zu werden - auch indem wir Spannungen und Widersprüche adressieren und anerkennen. Dazu gehört ein reflektierter Umgang mit dem Umspannwerk als sich: betterplace und Karuna treten das konfliktgeladene Erbe von Google im Haus an, ohne dies unter den Teppich zu kehren. Zugleich sind wir zutiefst dankbar für die Chance das Haus für die nächsten fünf Jahre Miet- und Nebenkostenfrei bespielen zu dürfen und dankten dementsprechend auch unseren Ansprechpartnern bei Google — Ralf, Myra, Max und Rowan - für die gute Zusammenarbeit der letzten Monate.

Carlin Silbernagl und Jörg Richert. Photo CC by betterplace lab
Die alten und neuen Hausherren und Hausfrauen: Rowan, Carolin, Joana, Jörg, Myra und Max. Photo CC by betterplace lab

Regenerative Kultur als Basis fürs bUm

Neben der Förderung ungewöhnlicher Kollaborationen zum Wohle der Gesellschaft steht das Thema regenerative Kultur und körperliches und seelisches Wohlergehen ganz oben auf der bUm Agenda. In den letzten Monaten habe ich gemeinsam mit Sebastian Baier vom benachbarten Co-Creation Loft viel Zeit in die Suche nach einem Partner gesteckt, der uns dabei unterstützen könnte, subtilere Qualitäten wie PRÄSENZ und SEIN, im Haus zu verankern.

Dieses Bedürfnis entspringt der Tatsache, dass wir im Zuge der Digitalisierung mit einer wesentlich komplexeren und beschleunigten Welt konfrontiert sind, in der sich viele äußere Sicherheitsstrukturen auflösen. Um nicht völlig überwältigt und geflutet zu werden, müssen wir neue innere Kompetenzen entwickeln, die uns Sicherheit und Orientierung geben und damit den Boden für Innovation und Kreativität legen. Dazu zählen Kompetenzen wie Selbstkontakt und -reflexion, Empathie und Multiperspektivität, aber auch Metareflexion und Intuition. Diese Fähigkeiten sind gerade für Menschen, die unsere soziale und ökologische Zukunft maßgeblich mit gestalten extrem wichtig. Aber gerade diese leiden, wie viele Studien zeigen, oft überdurchschnittlich an Erschöpfung, Burnout und prekären Lebensbedingungen. Um diesem Mißstand aktiv entgegenzuwirken war es uns wichtig regenerative Räume und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen.

Umso mehr freut es uns, dass wir den Benediktushof, eines der florierenden Retreatzentren in Deutschland, sowie die dazu gehörige West-östliche Weisheit Williges Jäger Stiftung als Partner auf der Eröffnungsbühne vorstellen konnten. Der Benediktushof wird ab November im bUm regelmäßig verschiedene Kontemplationsformen, darunter Zen-Meditationen, in einem extra dafür eingerichteten Raum anbieten.

An dieser Stelle schon mal ein riesiges Dankeschön für das tolle Engagement!

Photo CC by betterplace lab

Als kleinen Vorgeschmack leiteten Erik (Zen-Praktizierender und Gründer des Macha Macha Teeladens in Berlin) und ich eine kurze Präsenzübung an, mit Hilfe derer sich unsere Gäste auch untereinander besser kennenlernen konnten.

Bunte Vielfalt und Konfetti im Basement

Danach verteilten sich unsere Gäste im 3000m2 großen Untergeschoss, wo Initiatioren von Initiativen wie die Konsumakademie und dem Museum der Werte spielerisch und im Dialog ihre Arbeit beschrieben. Der Karuna Kompass schmückte die Wände und das betterplace lab feierte den Launch seiner neuen Website, CI und den Umzug ins bUm mit einer großen Konfettikanone. Mit syrischer Life-Musik klang der Abend aus.

Photo CC by betterplace lab

Wir möchten uns bei allen Gästen und Mitgestaltern für einen wunderschönen Abend bedanken und freuen uns sehr auf die nächsten Jahre in dieser herrlichen Location. Wir stehen bereit um die vielen gesellschaftlichen Herausforderungen, die Spannungen und Konflikte, ebenso sichtbar, erfahrbar und besprechbar zu machen wie die vielen schöpferischen Impulse die aus der Zivilgesellschaft, aber auch aus der Verwaltung, Politik und Wirtschaft kommen. Ich bin mir sicher: Es wird bunt und brenzlig, spannend, schöpferisch, berührend.

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joana breidenbach
joana breidenbach

Written by joana breidenbach

anthropologist, author, social entrepreneur: betterplace.org | betterplace lab | New Work needs Inner Work | Entfaltete Organisation | brafe.space

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